Die Welt im Bildschirm zum Greifen nahZukunftsweisende Technik der 3D Global GmbH basiert auch auf dem Know-how eines studentischen Start-ups der Hochschule Aalen

Daniel Lutz, Jonas Staschik und Alexander Moniak (v.l.) sind Absolventen der Hochschule Aalen. Inzwischen gehören sie zur Führungsriege der 3D Global GmbH, die zukunftsweisende 3D-Displays entwickelt hat. Foto: © 3D Global | Marius Stegmaier

Th, 01. February 2024

Das Herz pocht und schlägt, die Arterien pulsieren. Man müsste nur die Hand ausstrecken, um das lebenswichtige Organ zu berühren. Doch was zum Greifen nah scheint, besteht aus Pixeln. Objekte auf einem Bildschirm dreidimensional darstellen ohne den Gebrauch einer 3D-Brille, dafür hat das Unternehmen 3D Global eine eigene Technik entwickelt und patentieren lassen. Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig, sei es in der Industrie, im Entertainment-Bereich oder in der Mikroskopie. Das Know-how in Sachen 3D-Mikroskopie geht aus einem studentischen Start-up der Hochschule Aalen hervor.

3D-Blockbuster ohne 3D-Brille

Das 3D-Sehen ohne spezielle 3D-Brille ist eine Zukunftstechnologie, die für viele Bereiche in Betracht kommt. „Für viele Arbeiten hat die räumliche Sicht einen relevanten Vorteil. Gerade bei Feinarbeiten wie beispielsweise am Mikroskop zeigen sich mit konventionellen Bildschirmen Grenzen auf, wenn es um die Raumwirkung, Digitalisierung und Dokumentierung geht“, sagt Jonas Staschik, Entwicklungsleiter bei 3D Global und Absolvent der Hochschule Aalen. Um ein Objekt dreidimensional wahrnehmen zu können, benötigen beide Augen verschiedene Blickwinkel und dementsprechend ein eigenes Bild. Mit einer 3D-Brille lässt sich das leicht herstellen, doch Displays vermochten das bisher nicht. „Wir haben einen speziellen Filter entwickelt, der unter anderem winzige Linsen enthält. Diese brechen das Licht zielgerichtet für jedes Auge und ermöglichen so eine neue Dimension des Sehens“, erläutert Staschik und zählt begeistert die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten auf – so könnten beispielsweise in Zukunft 3D-Kinofilme ohne die übliche 3D-Brille geschaut werden, in der Medizintechnik könnten Ärzte Operationsschritte in Vergrößerung und mit räumlicher Tiefe kontrollieren oder für Medizinstudierende Behandlungen simuliert werden wie das Bohren von Zähnen oder das Setzen von Spritzen.

Aller guten Dinge sind drei

Die zukunftsweisende Bildschirmtechnologie geht auf den sächsischen Tüftler Ullrich Dähnert zurück, der sich nach der Wende im Erzgebirge mit der Entwicklung von 3D-Bildschirmen selbständig gemacht hatte. 2014 lernte er Dr. Matthias Hohenstein kennen. Der Physiker ist Experte auf dem Gebiet der Holografie und Bildverarbeitung in der Elektronenmikroskopie und unterstützte ihn bei der Entwicklung bis zur Serienreife. Und da bekanntlich aller guten Dinge drei sind, stießen vor ein paar Jahren Daniel Lutz und Alexander Moniak mit ihrem Unternehmen CalvaSens hinzu, die ihr Know-how in Sachen 3D-Mikroskopie beisteuerten. Lutz hatte an der Hochschule Aalen Optoelektronik studiert, Moniak Oberflächen- und Werkstofftechnik. 2011 starteten die beiden CalvaSens als studentisches Start-up mit Unterstützung von Prof. Dr. Peter Zipfl.

Beeindruckender Gründungscampus

„Das waren spannende Zeiten“, erinnert sich Staschik, der als Werkstudent sozusagen als „Mitarbeiter #3“ nach den beiden Gründern zu CalvaSens kam. Staschik studierte damals ebenfalls Optoelektronik und tüftelte oft im Labor praktisch an den Sachen, die er als Theorie in den Vorlesungen gehört hatte. „Am Nebentisch saßen häufig Daniel Lutz und Alexander Moniak, so konnte ich das damals alles aus nächster Nähe miterleben. Das hat sehr viel Spaß gemacht. Man konnte viel ausprobieren und wurde super von den Lehrenden unterstützt“, erzählt der heute 34-Jährige. Denn zu diesen Zeiten sei das Innovationszentrum INNO-Z noch „Zukunftsmusik“ gewesen. Wie sich die Hochschule Aalen in den vergangenen Jahren zum Gründungscampus weiterentwickelt habe, um bei den Studierenden das unternehmerische Denken und Handeln zu fördern, sei beeindruckend. „Das ist für den Wirtschaftsstandort Ostwürttemberg enorm wichtig“, betont Staschik, „das senkt die Hürden, sich selbständig zu machen und damit auch innovative Unternehmen zu schaffen.“

Faszinierende Technologie

Vor gut einem Jahr wurde die Secco GmbH und CalvaSens unter dem Dach von 3D Global zusammengeschlossen und Aalen zum Hauptsitz. Dort besuchten auch kürzlich Vertreter der Hochschule Aalen die junge Firma. „Objekte auf einem Bildschirm ohne eine spezielle Brille dreidimensional sehen zu können, das ist absolut faszinierend. Die Einsatzbereiche sind immens und auch für unsere Studierenden sehr spannend“, sagt Prof. Dr. Heinz-Peter Bürkle, der als Prorektor der Hochschule Aalen unter anderem für Digitalisierung und Transfer zuständig ist. Mit besonderem Stolz erfülle ihn, dass Daniel Lutz, Alexander Moniak und Jonas Staschik als Absolventen der Hochschule zur Führungsriege des innovativen Unternehmens gehörten.

„Das Puzzleteil hat bislang noch gefehlt“

Begeistert von der neuen Technologie zeigt sich auch Prof. Ralph Heinsohn, Professor für Audiovisuelle Medien an der Fakultät Optik und Mechatronik und wissenschaftlicher Leiter des Medienzentrums. Mit seinem Team konzipiert er aktuell einen Digitalen Dome für immersive Erlebnisräume, der seine Heimat im derzeit entstehenden Digital Innovation Space finden soll. „Im Alltag haben wir immer mehr mit 3D-Daten zu tun – seien es Digitale Zwillinge oder 3D-Scans von Gebäuden und Gegenständen wie einer Zahnkrone. Um diese Daten auszuwerten und räumlich erlebbar zu machen, sind diese speziellen Displays optimal geeignet“, sagt Heinsohn. Für die Forschung und die Lehre, gerade bei der Ausbildung zur Erstellung von 3D-Visualisierungen, sei das ein „Riesenpotenzial“. „Damit haben wir direkt vor unserer Haustür eine Technologie als Puzzleteil, das bislang noch gefehlt hat“, freut sich der Kommunikationsdesigner.