Demokratiefähigkeit stärkenNeue Vortragsreihe an der Hochschule Aalen zum Thema „Fakten, Vielfalt, Freiheit – wissenschaftliche Antworten auf populistische Narrative“

Freuen sich auf die neue Vortragsreihe: Prorektorin Prof. Dr. Anja Dieckmann und Prof. Dr. Stefan Fetzer. Foto: © Hochschule Aalen | Saskia Stüven-Kazi

Fr, 07. November 2025

Ob der Blick auf die USA, die Türkei, Ungarn oder Italien fällt – demokratische Gesellschaften geraten zunehmend unter Druck. Strukturen und Verfahrensweisen werden angezweifelt, Justiz und Pressefreiheit ausgehöhlt, Medien als „Volksfeinde“ diffamiert. In Zeiten eines erstarkenden Populismus ist es wichtiger denn je, im Gespräch zu bleiben, Fronten aufzubrechen und den demokratischen Diskurs zu stärken. Dazu möchte auch die Hochschule Aalen mit ihrer neuen Vortragsreihe „Fakten, Vielfalt, Freiheit – wissenschaftliche Antworten auf populistische Narrative“ beitragen. So wird beispielsweise die Digitalexpertin, Publizistin und frühere politische Geschäftsführerin der Piratenpartei Deutschlands Marina Weisband zum Thema „Handeln lernen – wie wir Populismus fundiert begegnen“ referieren.

Demokratiebildung

Ideologische Grabenbildung, Rückgang der Wahlbeteiligung, Zunahme extremistischer Strömungen, eine wachsende wirtschaftliche und politische Ungleichheit sowie eine zunehmende Wissenschaftsfeindlichkeit: Die Krisenerscheinungen, die in unterschiedlichem Ausmaß weltweit die Demokratien in ihrem Kern gefährden, sind vielfältig. Auch bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen büßen demokratische Werte an Bedeutung ein, wie die jüngsten Wahlergebnisse bei der Europawahl 2024 oder der diesjährigen Bundestagswahl zeigen. Vor dem Hintergrund dieser aktuellen, gesellschaftlichen Entwicklungen gewinnt die Demokratiebildung im Hochschulkontext eine besondere Bedeutsamkeit. „Hochschulen stehen in der Verantwortung, Demokratiefähigkeit unter den Studierenden zu fördern. Es gehört zu unseren Aufgaben, sie zu mündigen Bürgerinnen und Bürgern aus- und weiterzubilden “, betont Prof. Dr. Stefan Fetzer von der Hochschule Aalen. Gemeinsam mit seinen Kolleginnen Prof. Dr. Doris Aschenbrenner, Prof. Dr. Anja Dieckmann und Prof. Dr. Jana Wolf hat der Professor für Public Health und Internationale Gesundheitssystem eine neue Vortragsreihe rund um das Thema „Fakten, Vielfalt, Freiheit – wissenschaftliche Antworten auf populistische Narrative“ initiiert. Diese startet Ende November im Rahmen des Studium Generale. „Als eine Hochschule mit internationaler Ausrichtung und Studierenden aus aller Welt ist es uns ein Herzensanliegen, dass bei uns demokratische Werte gelebt werden. Letztendlich wird die Zukunftsfähigkeit unserer Region und Deutschlands insgesamt durch internationale Fachkräfte gewährleistet“, hebt Hochschulrektor Prof. Dr. Harald Riegel die Relevanz der neuen Vortragsreihe hervor. Unterstützt wird die Veranstaltung von der im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ des Bundesministeriums für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend geförderten Partnerschaft für Demokratie Ostalbkreis.

Verlässliche Fakten

Beweggrund für das neue Veranstaltungsangebot waren auch die Entwicklungen in den USA, wo unter anderem Forschende immer häufiger in ihrer Arbeit behindert werden, politische Vorgaben durchgesetzt, Budgets gekürzt oder „missliebigen“ Universitäten die Fördergelder gestrichen werden. „Der wissenschaftliche Diskurs erfüllt eine unverzichtbare Rolle für unsere demokratische Gesellschaft. Wissenschaft liefert verlässliche Fakten, hilft Risiken und Folgen abzuschätzen und bildet so eine sachliche Entscheidungsgrundlage – statt auf Ideologie und Bauchgefühl zu setzen“, sagt Fetzer. „Demokratische Prozesse sind oft mühsam und kleinteilig, es fehlt das Spektakuläre, Aufgeregte. Es gibt keine einfachen Lösungen. Es gilt, sich auch auf Gegenargumente einzulassen, sich in andere hineinzuversetzen, die Gleichheit und Würde aller zu verteidigen“, unterstreicht Prorektorin Prof. Dr. Anja Dieckmann.

Wissenschaftliche Antworten auf populistische Narrative

Mit der neuen Veranstaltungsreihe wolle man – gerade auch im Hinblick auf die zahlreichen Landtags- und Kommunalwahlen im kommenden Jahr – die Studierenden, aber auch alle Interessierten der Aalener Stadtgesellschaft, für das Wesen demokratischer Entscheidungen sensibilisieren. In insgesamt fünf Veranstaltungen im Rahmen des Wintersemesters 2025/26 werden renommierte Expertinnen und Experten interessante wissenschaftliche Antworten auf populistische Narrative geben. Veranstaltungsort ist die Aula der Hochschule Aalen, jeweils von 18 bis 19.30 Uhr.

„Volkswirtschaftliche Effekte der Zuwanderung über die Hochschulen“

Den Auftakt bildet am Donnerstag, 20. November 2025, Prof. Dr. Axel Plünnecke vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW Köln). Er spricht über „Volkswirtschaftliche Effekte der Zuwanderung über die Hochschulen“. Darin wird der Volkswirtschaftler, der unter anderem zu den Themen Bildungsökonomie, MINT-Arbeitskräfte und Zuwanderung forscht, aufzeigen, dass internationale Studierende einen wichtigen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands leisten und langfristig die öffentlichen Haushalte stärken. Plünnecke, der als einer der renommiertesten Experten in Deutschland gilt, wenn es um die Verknüpfung von Bildungspolitik und wirtschaftlicher Entwicklung geht, trägt regelmäßig zu öffentlichen und politischen Debatten rund um Bildung, Arbeitsmarkt und gesellschaftlichen Wandel in Deutschland bei. Moderiert wird die Veranstaltung von Hochschulrektor Prof. Dr. Harald Riegel. Plünnecke wird per Live-Übertragung online in die Aula der Hochschule Aalen zugeschaltet.

„Diskriminierung, Abschottung und Protektionismus – der Anfang vom Ende des wirtschaftlichen Wohlstands“

Am Donnerstag, 27. November 2025, referiert Prof. Dr. Stefan Fetzer von der Hochschule Aalen über die wirtschaftlichen Folgen rechtspopulistischer Politik. Unter dem Titel „Diskriminierung, Abschottung und Protektionismus – der Anfang vom Ende des wirtschaftlichen Wohlstands“ analysiert der Volkswirt zentrale Positionen rechtspopulistischer Bewegungen, wie beispielsweise Begrenzung der Zuwanderung, Einschränkung des Freihandels und die Rückkehr zu nationalen Währungen und deren Auswirkungen auf Wohlstand und soziale Sicherungssysteme. Ein Schwerpunkt des Vortrags liegt auf der demografischen Entwicklung und der Rolle der Zuwanderung: Können Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung auch in Zukunft stabil bleiben, wenn jährlich nicht mindestens 300.000 bis 400.000 Fachkräfte nach Deutschland zuwandern? „Wir dürfen nicht so tun, als hätten fremdenfeindliche Ressentiments keine wirtschaftlichen Konsequenzen“, so Fetzer und betont: „Wenn wir das nötige Zuwanderungspotenzial nicht heben, wird unser Wohlstandsniveau sinken – individuell wie gesamtgesellschaftlich.“

 „KI und Bias – maschinengemachter Rassismus“

Am Donnerstag, 04.12.2025, hält Prof. Dr. Doris Aschenbrenner von der Hochschule Aalen einen Vortrag zum Thema „KI und Bias – maschinengemachter Rassismus“. In einer zunehmend digitalisierten Welt wird KI in immer mehr Lebensbereichen eingesetzt – von automatisierten Bewerbungsverfahren über polizeiliche Überwachung bis hin zu medizinischer Diagnostik. Doch was passiert, wenn diese Systeme auf Datensätzen trainiert werden, die bestehende Diskriminierungen widerspiegeln? Die renommierte Wissenschaftlerin, Expertin für Mensch-Maschine-Interaktion, geht in ihrem Vortrag der zentralen Frage nach, wie rassistisch ein Algorithmus sein kann – und was man dagegen machen kann. Dabei vermittelt sie auf verständliche Weise, wie technische Systeme scheinbar objektive Entscheidungen treffen, in Wahrheit aber häufig gesellschaftliche Ungleichheiten zementieren. „KI ist nur so gut wie die Daten, mit denen wir sie füttern“, sagt Aschenbrenner. „Wenn diese Daten Vorurteile enthalten, werden auch die Entscheidungen der KI verzerrt sein – oftmals ohne, dass wir es merken.“

„Führung neu denken: die Relevanz von Vielfalt in Disziplin, Herkunft und Kultur“

Am Donnerstag, 04.12.2025, plädiert Prof. Dr. Jana Wolf, Professorin für Gesundheitsmanagement an der Hochschule Aalen, in ihrem Vortrag „Führung neu denken: die Relevanz von Vielfalt in Disziplin, Herkunft und Kultur“ dafür, Leadership neu zu gestalten – und zwar in drei Dimensionen: interdisziplinär, international und interkulturell. Denn in einer Welt, die zunehmend von globalen Herausforderungen, technologischen Umbrüchen und kultureller Vielfalt geprägt ist, steht auch Führung vor einem grundlegenden Wandel. „Wir brauchen Führungspersönlichkeiten, die über Fachgrenzen hinausdenken, global vernetzt agieren und kulturelle Vielfalt als Stärke verstehen“, so Wolf.

„Handeln lernen – wie wir Populismus fundiert begegnen“

Den Abschluss der Reihe bildet am Mittwoch, 21.01.2026, Marina Weisband. Die bekannte Digitalexpertin, Publizistin und frühere politische Geschäftsführerin der Piratenpartei Deutschlands wird zum Thema „Handeln lernen – wie wir Populismus fundiert begegnen“ referieren. Die Psychologin ist davon überzeugt, dass Demokratie gelernt und gelebt werden muss und mit der Demokratieförderung nicht früh genug begonnen werden kann. In ihrem Plädoyer für eine aktive Demokratie zeigt Weisband auf, dass es nicht reicht, nur alle paar Jahre sein Kreuz auf dem Wahlzettel zu machen, sondern wie jeder Einzelne sich für soziale Gerechtigkeit, politische Teilhabe und gegen populistische Narrative einsetzen kann. Seit 2014 leitet sie das Projekt „aula“, das Jugendlichen an Schulen demokratische Mitbestimmung auf digitalem Wege ermöglicht. Weisband gilt als eine der wichtigsten Stimmen für gelebte Demokratie und digitale Partizipation in Deutschland und wird per Live-Übertragung online in die Aula der Hochschule Aalen zugeschaltet.


Info: Im Vorfeld der Landtagswahl in Baden-Württemberg am 8. März 2026 bündeln die Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW) im Land ihre Kräfte, um Studierende für demokratische Teilhaben zu begeistern und zu befähigen. Das politische Bildungsprogramm „Demokratie beginnt bei dir – Mitdenken. Mitreden. Mitwählen“ mit verschiedenen Veranstaltungsformaten wie Interviews, Vorträgen oder Podiumsdiskussionen ist online abrufbar.