Das Potential „guter“ Unternehmensführung wird nicht voll ausgeschöpftAAUF veröffentlicht erste Forschungsstudie zum Status Quo der Corporate Governance in deutschen Unternehmen

Tu, 13. February 2018

Die Finanzkrise, Insolvenzfälle, Bilanzskandale und nicht zuletzt auch zahlreiche, neue gesetzliche Vorschriften zur Unternehmensführung und Publizität haben in der deutschen Wirtschaft zu einem Umdenken geführt. Die Entwicklung und Umsetzung eines Bezugsrahmens einer verantwortlichen, auf langfristige Wertschöpfung ausgerichtete Unternehmensführung (Corporate Governance), hat daher für Unternehmen eine hohe Relevanz. Doch wie sieht es mit der praktischen Umsetzung von „guter“ Unternehmensführung in der deutschen Unternehmenspraxis aus?

Welche Instrumente nutzen die Unternehmen im Rahmen ihrer Corporate Governance? Wie zufrieden sind sie mit den bisherigen Maßnahmen zur Verbesserung der Corporate Governance? All diese Fragen werden mit der vorliegenden Studie maßgeblich beantwortet. Das AAUF hat sich somit in seiner ersten Forschungsstudie dem Status Quo der Corporate Governance und der Darstellung der Corporate Governance Landschaft in deutschen Unternehmen gewidmet.

Ergebnisse der Forschungsstudie 

Als wichtigster Bestandteil guter Unternehmensführung wird von mehr als der Hälfte der Studienteilnehmer die Zielorientierung genannt. Weiterhin werden funktionierendes Controlling, Mitarbeiter- und Wertorientierung sowie soziale Verantwortung von jeweils rund 40 Prozent der Teilnehmer angeführt. Während Themen wie Langfristorientierung, IT-Compliance, Nachhaltigkeit und verstärktes Risikomanagement als die wichtigsten Trends der Corporate Governance identifiziert werden, sind lediglich jeweils rund 20 Prozent der Unternehmen von den Trends der Diversity im Aufsichtsrat und im Vorstand stark oder sehr stark betroffen.

Hinsichtlich gegenwärtiger Herausforderungen sind die Unternehmen am stärksten von der zunehmenden Wettbewerbsintensität (71 Prozent) betroffen, danach folgen mit 43 bzw. 42 Prozent die Veränderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen sowie die zunehmende Internationalisierung. Auffallend ist, dass lediglich 55 Prozent der Studienteilnehmer das Thema Corporate Governance in der Geschäftsführung oder im Vorstand aktiv diskutieren. Auch die Nutzung von Instrumenten und Instanzen kann als moderat bezeichnet werden. Am stärksten werden mit rund 60 Prozent das Risikomanagement genutzt, gefolgt von Internen Kontrollsystemen (IKS) und Überwachungsgremien wie Aufsichtsrat und Beirat. Dennoch sehen 57 Prozent der Teilnehmer einen zusätzlichen Mehrwehrt durch gute Corporate Governance, 65 Prozent sogar eine stark zunehmende Bedeutung der Thematik.

Handlungsempfehlungen für die Praxis

Für deutsche Unternehmen können demnach eindeutige Handlungsempfehlungen abgegeben werden. Zum einen ist es ratsam, Corporate Governance-Strukturen und -Prozesse zu formalisieren sowie Anreizmechanismen zu verbessern. Zum anderen sind aktuelle rechtliche Rahmenbedingungen für Unternehmen und deren Entscheidungsträger zu überprüfen, da Kenntnisse in diesem Bereich in vielen Unternehmen nur unzureichend vorhanden sind. Empfehlenswert ist es weiterhin, Corporate Governance nicht als ein rein strukturelles Thema zu verstehen, sondern Strategie, Struktur und Kultur als eine Einheit zu betrachten.

Unter diesen Voraussetzungen kann gute Unternehmensführung funktionieren. Das AAUF unter der Leitung von Prof. Dr. habil. Patrick Ulrich und Prof. Dr. Ingo Scheuermann wird sich diesem Themenkomplex auch in Zukunft widmen und arbeitet zurzeit an einer Studie zum Risikomanagement in deutschen Unternehmen.