Das Qualitätsorakel KIZentrum für Optische Technologien entwickelt KI zur hochgenauen Vorhersage von Materialabtrag und Oberflächenrauheit

KI zur Qualitätsvorhersage: Mitarbeiter des Zentrums für Optische Technologien (ZOT) bei der Arbeit am Roboter. © Hochschule Aalen | Samuel Burkart

Fr, 21. April 2023

Mikrochips werden nicht nur in Smartphones in großen Stückzahlen benötigt, sondern auch für Sprachassistenten oder autonom fahrende Autos. Entscheidend für die Leistungsfähigkeit ist dabei insbesondere die Qualität der Oberflächen in den Lithografiesystemen, mit denen sie hergestellt werden. Roboterbasierte Politur spielt dabei eine zentrale Rolle. Eine KI-Lösung, die Vorhersagen zum dabei erfolgenden Materialabtrag mit einer Genauigkeit von über 99 Prozent treffen kann – das ist keine Zukunftsvision. 

Die Methode wurde im Zentrum für Optische Technologien (ZOT) der Hochschule Aalen realisiert. Wie genau erläutert dieser Beitrag zum heutigen „Welttag der Kreativität und Innovation“. Aktuell wird bereits der nächste Prozessparameter integriert: die Oberflächenrauheit.

Der Begriff Orakel, abgeleitet vom Lateinischen „oraculum“ für Götterspruch, bezeichnet eine mithilfe eines Mediums gewonnene Offenbarung bzw. die Vorhersage auf Basis von (wissenschaftlichen) Zusammenhängen oder auf Vermutung beruhende Aussage über Künftiges. Als ein solches Orakel könnte man die KI bezeichnen, die in der von Prof. Dr. Rainer Börret geleiteten Forschungsgruppe „Optische Technologien“ des Zentrums für Optische Technologien (ZOT) entwickelt wurde. Diese kann bei der optischen Politur von Oberflächen in EUV-Lihografiesystemen trotz sich verändernder Prozessparameter Vorhersagen über den Materialabtrag treffen – mit einer Gegenauigkeit von 99,22 Prozent. 

Materialabtrag und Oberflächenrauheit vorhersagen

Bislang wird diese Genauigkeit „nur“ über den Materialabtrag erreicht, die Forschenden arbeiten aber bereits an der nächsten Herausforderung. „Aktuell forschen wir an der Oberflächenrauheit – einem weiteren Prozessparameter, der als Qualitätskriterium von der KI überwacht und bei Bedarf optimiert wird“, sagt Prof. Dr. Rainer Börret. Dies fließt in das Projekt „KI-unterstützte Prozessstabilisierung für 3D-Druck und Politur (KIUPRO)“ ein und wird im Rahmen der KI-Werkstatt durch das Wissenschaftsministerium gefördert. Börret: „Damit wollen wir als Hochschule Aalen im Photonic Valley Ostwürttemberg sowohl die photonische Industrie in der Region als auch den Mittelstand weiter stärken“.

Ein universelles KI-Modell für Prozesse entwickeln

Bereits während des Prozesses soll die KI erkennen, wenn sich ein Parameter ändert, und inwieweit dadurch die Qualität hochkomplexer Optikbauteile für die Halbleiterindustrie beeinflusst wird. Mit der Prozessüberwachung ist es möglich, das Endergebnis sehr genau vorherzusagen, ohne eine erneute Messung vorzunehmen. Außerdem werden Parameter korrigiert, bevor es zu einem Fehler kommt, beispielsweise bei Temperatur, Feuchtigkeit, Reibung oder Energieverbrauch. Das spart Kosten, Zeit und entlastet Fachkräfte. Börret: „Unsere Vision ist, ein universelles Modell zu entwickeln, das für verschiedene Prozesse anwendbar ist.“ Das softwaregestützte Projekt soll Mitte 2024 abgeschlossen sein.

KI-Champion Baden-Württemberg

Für die Vorhersagen zum Materialabtrag via KI wurde das ZOT der Hochschule Aalen vergangenes Jahr beim Wettbewerb „KI-Champions BW“ ausgezeichnet. Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus hob damit herausragende innovative Beispiele für anwendungsorientierte Lösungen der Künstlichen Intelligenz aus Baden-Württemberg hervor.