Ein Herz für AalenOmar Quasim AL-Maaitah aus Jordanien studiert seit März an der Hochschule Aalen

Jordanien beherbergt viele bedeutende archäologischen Stätten wie beispielsweise die antike Felsenstadt Petra oder – wie hier zu sehen – die Zitadelle von Amman. Foto: privat
Wer über den Campus der Hochschule Aalen schlendert, wird viele Wortfetzen in anderen Sprachen aufschnappen – beispielsweise Georgisch, Englisch, Spanisch, Arabisch oder Nepali. Denn schließlich kommen viele der Studierenden aus der ganzen Welt. Sie alle erwecken den internationalen Campus zum Leben und sorgen für eine kosmopolitische Atmosphäre. Die Hochschule pflegt intensive Beziehungen zu weit über 130 Partnerhochschulen. In einer losen Serie stellen wir die inspirierenden Geschichten von Studierenden unserer Partnerhochschulen vor, die sich entschieden haben, ihre akademische Reise an der Hochschule Aalen fortzusetzen – diesmal mit Omar Quasim AL-Maaitah aus Jordanien.
„Westworld“-Serie als Anreiz fürs Mechatronik-Studium
Als sich die Tore des futuristischen Freizeitparks in der Fernsehserie „Westworld“ öffneten und die Zuschauenden in eine Welt hochentwickelter Roboter und künstlicher Intelligenz entführten, war Omar Quasim AL-Maaitah sofort fasziniert. Für ihn war es nicht nur Unterhaltung – die realistischen Androiden, die in der Lage waren, menschliche Emotionen zu simulieren und komplexe Entscheidungen zu treffen, weckten in ihm eine große Neugier. Wie funktionieren solche Maschinen? Welche Technologien stecken dahinter? „Ich habe die Serie in meinem letzten Highschool-Jahr gesehen. Danach war es klar für mich, dass ich Mechatronik studieren würde“, erzählt der junge Mann verschmitzt. „Die interdisziplinäre Verbindung zwischen Mechanik, Elektronik und Informatik ist unglaublich spannend.“
„Freue mich auf mein Praxissemester“
AL-Maaitah ist Student der German Jordanian University (GJU) in Mushaquar, das rund 35 Kilometer entfernt von der jordanischen Hauptstadt Amman liegt. Seit März setzt der junge Mann nun sein Studium an der Hochschule Aalen fort. Die beiden Bildungsinstitutionen sind schon seit vielen Jahren durch eine strategische Partnerschaft eng verbunden. Die GJU basiert auf dem deutschen Fachhochschulmodell und legt großen Wert auf die Praxisorientierung. Eine Besonderheit ist ein obligatorisches Jahr in Deutschland. Dieses verbringen die Studierenden zur Hälfte an einer der über 120 deutschen Partnerhochschulen und zur Hälfte in einem Unternehmen. „Es ist spannend zu sehen, wie Theorie und Praxis miteinander verwoben sind“, sagt der 22-Jährige. „An der Hochschule Aalen gibt es großartige Labore. Die Infrastruktur ist einfach klasse. Ich freue mich auch schon sehr auf die Erfahrungen, die ich in meinem Praxissemester machen werde.“ Deutschland sei bekannt für viele bahnbrechenden Erfindungen und technologische Durchbrüche, umso toller sei es, hier einen vertieften Einblick in die Praxis zu bekommen.
Faible für technische Fragestellungen
Für technische Fragestellungen, insbesondere die der Elektronik, interessiert sich AL-Maaitah schon lange. „Unser ganzes Leben hängt inzwischen von elektronischen Komponenten ab. Ich finde es wichtig, diese Sachen zu verstehen, um die Welt zu verstehen.“ Als Zwölfjähriger hat er an einem Kurs der jordanischen Shoman Stiftung teilgenommen, die sich der Förderung von Kultur und Wissenschaft widmet. Gemeinsam mit ein paar Klassenkameraden kam er auf die Idee, ein „Smart Window“ zu entwickeln. Dafür verbauten sie in einem Fenster einen kleinen Motor sowie einen Sensor, der bei sinkendem Sauerstoffgehalt in den Innenräumen automatisch für einen Luftaustausch sorgt. Denn die in jordanischen Haushalten oft verwendeten tragbaren Gasöfen, die Campingkochern ähneln, sind nicht ungefährlich. „Im Winter wird wegen der Kälte oftmals nicht ausreichend gelüftet, sodass sich Kohlenstoffmonoxid ansammelt, was zu lebensbedrohlichen Vergiftungen führen kann. Mit unserem Smart Window wollten wir diese Gefahr bannen“, erläutert der Student.
„Club für Politik und Dialog“ gegründet
Überhaupt ist der 22-Jährige ziemlich umtriebig. So war er beispielsweise für einige Jahre Vizepräsident des Arabischen Kinderparlaments, das sich dafür einsetzt, die persönliche Entwicklung von Kindern im arabischen Raum zu fördern. Auch als Studierendenvertreter der GJU hat er sich engagiert und hat dort den „Club für Politik und Dialog“ gegründet. „Neben der Mechatronik sind Kultur und Politik meine weiteren Leidenschaften“, grinst AL-Maaitah, der aus einer großen Familie mit sechs Geschwistern kommt. Bald kommt ihn sein großer Bruder besuchen. „Dann werde ich ihm Aalen und die Hochschule zeigen“, freut er sich. „Ich finde es hier wunderschön – diese Ruhe. Ich bin kein Fan von großen Städten und Menschenmassen. Außerdem ist man gleich im Grünen. Das ist sowieso überwältigend, denn meine jordanische Heimat hat ja einen hohen Wüstenanteil und eine recht karge Vegetation“.
„Das ist jetzt mein Aalen!“
Auch wenn der erste Monat hier nicht so leicht gewesen sei mit den ganzen bürokratischen To-dos, Regeln und Sprachbarrieren, fühlt sich AL-Maaitah inzwischen hier angekommen. „Das International Center hat eine Menge geholfen und vieles einfacher gemacht. Dafür bin ich sehr dankbar“, sagt der junge Mann und fügt lachend hinzu: „Das ist jetzt mein Aalen!“ Und auch wenn er seine Familie und das jordanische Essen vermisst, so kann er es sich gut vorstellen, seinen Master und seine Promotion ebenfalls in Deutschland zu machen. „Vielleicht sogar hier in Aalen“, sagt AL-Maaitah mit einem Schmunzeln. Freuen würde er sich, wenn auch viele Aalener Studierende die Chance nutzen würden, um an seiner Hochschule ein Auslandsemester zu verbringen und seine Heimat kennenzulernen. „Ob bedeutende archäologischen Stätten wie die antike Felsenstadt Petra oder die Ruinen von Jerash, Naturwunder wie die Wüste Wadi Rum oder unsere Hauptstadt Amman, die eine riesige Wundertüte ist – Jordanien ist ein Land voller Schönheit“, schwärmt der Student.