20 Jahre aus der Praxis in die LehreZEISS-Lehrbeauftragte vermitteln Studierenden praxisrelevante Inhalte

Im Optical Engineering-Studium erfahren die Studierenden die "Macht des Lichts".

Fr, 13. August 2021

Besonders bei Hochschulen für angewandte Wissenschaften wird in anwendungsbezogenen Studiengängen qualifizierter Nachwuchs ausgebildet und Forschung betrieben, bei welchen weniger die Grundlagenforschung als vielmehr die praktische Anwendung und Ausbildung im Fokus steht. „Es geht uns um mehr als die einfache Vermittlung von reinem Lehrbuchwissen und Formeln“, sind sich Hans-Joachim Frasch und Dr. Marco Pretorius vom optischen Weltmarktführer ZEISS einig. Sie unterrichten neben ihrem Hauptberuf seit nun 20 Jahren im Studiengang Optical Engineering. „Wir vermitteln Wissen direkt aus unserer Berufspraxis – das heißt, die Inhalte sind praxisrelevant, wir integrieren lebendige Beispiele und Anwendungen und zeigen neben der akademischen Perspektive auch die anwendungsbezogene Sichtweise auf.“

Frasch studierte Physik in Ulm und war besonders am Forschungsfeld Laser interessiert. „Seit 1990 bin ich in Oberkochen für Programm- und Methodenentwcklung – insbesondere Optiksimulation – zuständig und habe ein Optikdesignprogramm mitentwickelt. Es hilft Optikdesignern, optische Systeme zu entwerfen, zu optimieren und durchzurechnen“, sagt er. Daneben gibt er seit vielen Jahren Einführungskurse für die hauseigene Software OASE für neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei ZEISS.

Pretorius studierte Physik in Hamburg und promovierte dort nach Arbeiten am Hamburger Synchrotronlabor HASYLAB über ein Thema aus der Röntgenoptik. Zum Ende seiner Studienzeit zog es ihn nach Oberkochen, um dort an verwandten Themen aus der Optik zu arbeiten. „Ich empfand es als besonders spannend, wie viele unterschiedliche Anwendungsbereiche es auf dem Feld der Optik für einen Physiker bei Zeiss gab“, sagt er. Zudem sei Optik im wahrsten Sinne des Wortes eine sehr anschauliche Wissenschaft – man kann den Erfolg seiner Arbeit als Optikdesigner später buchstäblich mit eigenen Augen sehen. Bei Zeiss arbeitet er für das zentrale Optikdesign, das neue Optikkonzepte und konkrete Systeme für alle Geschäftsbereiche entwickelt – vom neuartigen Mikroskopsystem bis zur Halbleiter-Lithographieoptik.

Der Beginn des Lehrauftrages und seine Entwicklung

Einer lange bestehenden Tradition seiner Abteilung bei Zeiss folgend, hat er im Sommersemester 2001 den Lehrauftrag „Entwurf optischer Systeme“ übernommen und führt diesen seit dem Wintersemester 2001 zusammen mit Frasch bis heute fort.

„Eine besondere Entwicklung der letzten zwanzig Jahre ist die Digitalisierung in ganz unterschiedlichen Facetten – ob in der technischen Gestaltung der Vorlesung, der Inhalte der Fragestellungen von Studierenden oder auch den zukünftigen Berufsfeldern und Arbeitsumgebungen“, sagen Frasch und Pretorius. Besonders die Corona-Pandemie habe der digitalen Lehre nochmals einen deutlichen Schub gegeben.

Außerdem beobachteten die beiden über die Jahre eine zunehmende Selbstverständlichkeit der Digitalisierung und damit einhergehend eine geänderte Erwartungshaltung der Studierenden an die Lehre. „Die Studentinnen und Studenten fragen uns heute eher: ‚Warum lässt sich Optikdesign nicht vollständig durch Algorithmen automatisieren? Warum braucht es überhaupt noch menschliche Wissenschaftler?‘. Das heißt, wir müssen im Gegensatz zu früher auf eine veränderte Erwartungshaltung eingehen und begründen, warum und an welchen Stellen das Berufsbild des Optikdesigners nach wie vor höchst relevant ist.“ Früher seien noch akribisch Formeln gelernt und nachvollzogen worden, der Computer war lediglich Hilfsmittel bei der Berechnung. Heute muss man eher begründen, warum die Aufgabe nicht gleich komplett von einer App autonom übernommen werden kann und warum weiterhin fachliche Einsicht und Kreativität erforderlich sind. „Insgesamt ist der Beruf dadurch aber vielfältiger und spannender geworden. Lästige Routinearbeiten übernimmt heute weitestgehend eine Software, aber Menschen werden weiterhin dringend gebraucht“, sagt Pretorius.

Besonders freuen sich die beiden, wenn sie den Eindruck erhalten, die jungen Menschen zu erreichen: „Es ist motivierend, wenn wir ehemalige Studentinnen und Studenten entweder im eigenen Betrieb oder auch in anderen erfolgreichen Positionen später wieder treffen. Wenn sie einen ansprechen und sagen, dass man ihnen wertvollen Input für ihre Berufstätigkeit mitgegeben hat.“ Die direkte Interaktion mit den jungen Menschen in den Vorlesungen bereitet beiden große Freude. Dabei hat sich die

Zusammensetzung der Studierenden insbesondere im Masterstudiengang über die Jahre deutlich verändert. „Erfreulich ist, dass sich heute viel mehr Frauen für das Fach interessieren. Auch kommen mehr Studierende, die ihren Bachelor an anderen Hochschulen gemacht haben. Sie haben sehr unterschiedliches Vorwissen und ganz unterschiedliche berufliche Ziele. Das macht es für die Vorlesung jedesmal von neuem zur Herausforderung, den Stoff neu und spannend zu vermitteln und dabei die unterschiedlichen Erwartungen zu erfüllen“, sind sich beide einig.