Pressemeldung zum Praxisprojekt „Erfolgsfaktoren zur Unternehmensgründung im Pflegesektor“ auf Fokus-onlineAufschlussreiche Ergebnisse und rege Diskussion

Die Hochschule Aalen und die Kontaktstelle Frau und Beruf des Landratsamtes Ostalbkreis luden am vergangenen Donnerstag zum Fachgespräch mit Unternehmen ins Aalener Landratsamt ein. Präsentiert wurden die Ergebnisse der Studie „Erfolgsfaktoren zur Unternehmensgründung im Pflegesektor“ einer studentischen Forschungsgruppe der Hochschule Aalen, Studienbereich Gesundheitsmanagement.


Für den Unternehmenserfolg von ambulanten Anbietern wurden folgende Schlüsselkriterien untersucht: Spezialisierung, Motivation, Kundengewinnung und -bindung, Wirtschaftlichkeit, Personal und die eigene Gesundheit. Ein überraschendes Ergebnis: Die befragten Selbständigen und Unternehmensgründer sind zu 100 Prozent zufrieden mit ihrer Selbständigkeit, empfehlen diese aber aufgrund der hohen Komplexität und der Rahmenbedingungen nur bedingt weiter.

Soziale Faktoren wie Selbstbestimmung, Anerkennung und die sozialen Vision stellen eine größere Motivation dar als das monetäre Einkommen – sowohl im Bezug auf die Unternehmensgründung als auch für die Tätigkeit der befragten Angestellten. Der größte Teil der befragten Unternehmen kann kostendeckend arbeiten – unabhängig von der Unternehmensgröße. Eine Spezialisierung nach Kundenstamm und Art der Pflege stellt nicht per se einen Erfolgsfaktor dar. Die Ergebnisse zeigen aber, dass sich sowohl kleine Unternehmen mit bis zu zehn Mitarbeitern, als auch große Unternehmen ab 56 Mitarbeitern besonders häufig spezialisieren. Die Forschungsgruppe vermutet, dass eine Spezialisierung kleiner Unternehmen der Etablierung am Markt dient und große Unternehmen die Ressourcen für ein breites Angebot haben. Im Hinblick auf das Thema Gesundheit wurde im Fachgespräch diskutiert, ob Selbständige im Pflegesektor mit ihrer Gesundheit bewusster umgehen, weil ihre Existenz durch Krankheit auf dem Spiel steht.

Im Anschluss an die Ergebnispräsentation tauschten sich die Teilnehmenden verschiedener Pflegeanbieter sowie Sachverständige angeregt in einer von Carolin Morlock, der Leiterin der Kontaktstelle Frau und Beruf, moderierten Gesprächsrunde über diese Ergebnisse aus.


Zusatzinformationen:

Hintergrund

Die meisten Pflegebedürftigen wollen möglichst lange in ihrer vertrauten Umgebung gepflegt werden. Viele Pflegebedürftige wollen möglichst lange Zuhause gepflegt werden – von Angehörigen oder ambulanten Pflegediensten. Durch das Pflegestärkungsgesetz vom 1. Januar 2015 werden pflegende Angehörige in ihrer konkreten Situation entlastet, indem Unterstützungsangebote ausgeweitet wurden.

Das Pflegestärkungsgesetz bietet neue Möglichkeiten der Dienstleistungserbringung und der Abrechnung bei der Krankenkasse. Viele gut ausgebildete Menschen wollen und können aber nicht mehr im Pflegeberuf arbeiten, obgleich die demografische Entwicklung nach mehr Pflegekräften besonders im ländlichen Raum verlangt. Gleichzeitig ist unter Frauen, die auf eine langjährige Familienzeit blicken, großes Potenzial vorhanden, denn diese Frauen haben es oft schwer, beruflich wieder Fuß zu fassen.

Darauf aufbauend haben die Kontaktstelle Frau und Beruf Ostwürttemberg – Ostalbkreis, das Kompetenzzentrum Hauswirtschaft und der Landfrauenverband Württemberg-Baden e.V. im Jahr 2015 das Qualifizierungsprojekt „Frauenkompetenz in Hauswirtschaft und Pflege“ für Frauen im ländlichen Raum initiiert. Ziel war es, die Teilnehmerinnen auf die neuen Möglichkeiten der Dienstleistungserbringung hinzuweisen und beispielsweise eine ehrenamtliche Tätigkeit im sozialen Bereich zu professionalisieren. Zweitens wurden Fachkräften, die eine berufliche Umorientierung suchten auch horizontale Karrierewege in die Gründung eines Sozialunternehmens aufgezeigt.

Um die lokalen und zukünftigen Entwicklungen im Ostalbkreis besser einschätzen zu können, hat die Kontaktstelle Frau und Beruf gemeinsam mit einer studentischen Forschungsgruppe unter der Leitung von Prof. Dr. Stefan Fetzer (Studienbereich Gesundheitsmanagement) das Forschungsprojekt „Erfolgsfaktoren zur Unternehmensgründung im Pflegesektor“ entwickelt und durchgeführt.

Im Fachgespräch mit Unternehmen aus der Sozialwirtschaft wurden die Erfolgsfaktoren zur Gründung und Unternehmensführung im Pflegesektor präsentiert, diskutiert und zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten aufgezeigt. Unternehmen, Sachverständige und Interessierte hatten die Möglichkeit zur Diskussion und zum Austausch.


Statistik

Zum Jahresende 2013 waren in Baden-Württemberg 298 769 Menschen pflegebedürftig. Ende 2013 waren in Baden-Württemberg 30 Prozent der Pflegebedürftigen vollstationär in Heimen untergebracht (90 845 Personen), 70 Prozent wurden zu Hause versorgt (207 924 Personen). Von den zu Hause Gepflegten waren 70 Prozent ausschließlich von Angehörigen betreut, während 30 Prozent ambulante Dienste versorgten.

Für die Versorgung der 154 176 Pflegebedürftigen in den stationären und ambulanten Pflegeeinrichtungen Baden-Württembergs standen zum Jahresende 2013 landesweit 122 420 Beschäftigte zur Verfügung.

Darunter waren 31 699 Personen Vollzeit beschäftigt und 79 817 Personen in Teilzeit. Die restlichen 10 904 Beschäftigten verteilten sich auf Auszubildende, (Um-)Schülerinnen und Schüler, Helferinnen und Helfer im freiwilligen sozialen Jahr und im Bundesfreiwilligendienst sowie Praktikantinnen und Praktikanten außerhalb einer Ausbildung.

Der Anteil der Frauen am Personal insgesamt betrug 86 Prozent.