Innovationen und neue Einsatzfelder für den DruckgussÜber 200 Teilnehmer beim Gießerei-Kolloquium an der Hochschule Aalen

Dr. Magnus Wessen, Per Jansson, Prof. Dr. Karl Kainer, Prof. Dr. Lothar Kallien, Hartmut Fischer, Dr. Lutz Storsberg und Dr. Waldemar Sokolowski (v. l.) beim diesjährigen Gießerei-Kolloquium an der Hochschule Aalen.

Di, 16. Mai 2017

Zum diesjährigen Gießerei-Kolloquium an der Hochschule Aalen kamen mehr als 200 Teilnehmer, um sich über die neuesten Entwicklungen im Bereich des Druckgusses zu informieren. Beim geselligen Gießereiabend, der als Branchentreff zur Kontaktpflege dient, hatten auch Studierende die Möglichkeit, Praxissemesterplätze, Bachelorarbeiten oder eine erste Anstellung in der Industrie zu diskutieren.

In seiner Begrüßung verwies Rektor Prof. Dr. Gerhard Schneider auf die jüngsten Erfolge der Hochschule und unterstrich dabei besonders den Erfolg beim FH-Impuls-Wettbewerb: In einer bundesweiten Ausschreibung konnte sich die Hochschule Aalen und weitere neun Hochschulen im Förderprogramm „FH-Impuls“ mit dem Forschungsprojekt „SmartPro – Smarte Materialien und intelligente Produktionstechnologien für energieeffiziente Produkte der Zukunft“ gegen 81 Mitbewerber durchsetzen. Anschließend gab Prof. Dr. Lothar Kallien einen kurzen Überblick über die aktuellen Forschungsthemen im Gießereilabor. Insbesondere wurde das Forschungsvorhaben InDiMat (Innovative Fügeverfahren und beanspruchungsgerechte Designkonzepte für hybride Leichtbau CFK- Multimaterialverbunde), das ebenfalls in dem Kooperationsprojekt „SmartPro“ der Hochschule enthalten ist, vorgestellt.

Als erster Referent stellte Prof. Dr. Karl Ulrich Kainer vom Helmholtz-Zentrum in Geesthacht neue Entwicklungen bei Magnesiumlegierungen vor. Hier spielen temperaturstabile Magnesiumlegierungen eine große Rolle. Dies kann durch die Zugabe von Calcium, Strontium, seltene Erden und Barium realisiert werden. Danach zeigte Dr. Lutz Storsberg von der Daimler AG in Mettingen in seinem Vortrag „Innovativer Duktilitätsnachweis für Strukturbauteile“ die Erfahrungen und den Prozessablauf bei der Herstellung von Strukturguss in der Gießerei in Mettingen. Mit einem weltweiten Produktionsverbund und einheitlichem Werkzeugkonzept kann hier flexibel auf den Bedarf reagiert werden. Dr. Waldemar Sokolowski von der Oskar Frech GmbH & Co.KG referierte über „Hybridbauteile aus dem 3D-Druck für den Druckguss“ und gab einen Einblick in neue Entwicklungen im Werkzeugbau. So ist es inzwischen möglich, konturnahe Temperierungen in Bereichen im Werkzeug, in denen Hotspots auftreten, zu realisieren. Den Potenzialen von Magnesium für den Leichtbau widmete sich Hartmut Fischer von der Andreas Stihl AG & Co. KG in Prüm. Unter dem Motto „Den Menschen die Arbeit mit und in der Natur erleichtern“ befasste sich bereits der Firmengründer Andreas Stihl mit dem Leichtbaugedanke, der bis heute eine zentrale Rolle im Innovationsprogramm des Unternehmens spielt. Hartmut Fischer zeigte anhand eines benzingetriebenen Trennschleifers, wie das Gewicht einer Schutzabdeckung um 34 Prozent durch Magnesium reduziert und dabei die Herstellkosten halbiert werden konnten.

Dieses Jahr konnte Prof. Dr. Lothar Kallien nicht nur Gäste aus Deutschland, sondern aus Schweden begrüßen: Dr. Magnus Wessèn von RheoMetal AB aus Stockholm und Per Jansson von COMPtech aus Skillingaryd stellten den Prozess RheoMetal für Druckgussteile in der industriellen Anwendung vor. Mit diesem Verfahren werden hauptsächlich untereutektische Legierungen bis zu einem Siliziumgehalt von sieben Prozent vergossen, aber auch Legierungen bis elf Prozent Silizium können unter bestimmten Bedingungen vergossen werden.

Der zweite Tag des Kolloquiums begann mit dem Vortrag „Druckguss verstehen und robust gestalten – virtuelle Einflussanalyse des Dosier- und Schießprozesses auf die Bauteilqualität“. Dr. Sebastian Tewes von der MAGMA Gießereitechnologie GmbH in Aachen erläuterte die ganzheitliche Produkt- und Prozessentwicklung unter Berücksichtigung sich ändernder Prozessgrößen im Herstellungsprozess. Dann stellte Daniel Bieli von der Bühler AG aus dem schweizerischen Uzwil mit seinem Vortrag „Predictive Analytics im Druckguss“ den Entwicklungsschwerpunkt Industrie 4.0 in der Gießereibranche vor. Das zentrale Thema der Gießer ist Produktivität, um hier Ausfallzeiten so kurz wie möglich zu halten. Unter dem Namen „DC Service 2020“ verbirgt sich ein Flottenmanagement, das ein globales Zustandsmonitoring mit Serviceplanung beinhaltet. So kann die Bühler AG über den Zustand jeder sich im Einsatz befindlichen Druckgusszelle informiert werden. Den Abschluss der Vortragsreihe bildete Dr. Stuart Wiesner von der Rheinfelden Alloys GmbH & Co.KG. Er referierte über „Neue Entwicklungen bei Legierungen für Strukturbauteile“.

Das Gießereilabor der Hochschule Aalen präsentierte die aktuellen Forschungsvorhaben. Wolfgang Kuchar beleuchtete, wie man funktionale Hohlräume im Druckguss durch Gasinjektion herstellen kann. Diese Technologie wird seit einigen Jahren an der Hochschule in Aalen entwickelt. In einem laufenden Forschungsvorhaben, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert wird, soll die Gasinjektion in eine industrielle Serienanwendung umgesetzt werden. Dabei liegt der Schwerpunkt auf einer bedienerfreundlichen Anlage mit hoher Prozessstabilität. Marcel Op de Laak ist mit seiner Firma „TiK-Technologie in Kunststoff GmbH“ Projektpartner in diesem Forschungsvorhaben und stellte die Entwicklung der Gasinjektionsanlage vor.

 Den Vergleich der Dauerfestigkeit von Druckgussteilen aus Aluminium bei unterschiedlichen Gießverfahren erläuterte Dominik Flierl. Dieses Kooperationsprojekt mit der Ritter Leichtmetallguss GmbH aus Strümpfelbach trägt den Titel „Funktionale Oberflächen – Vakuumdruckgussverfahren“. Das Forschungsvorhaben konzentriert sich auf die Herstellung laserpolierbarer Gussteile. Dabei soll der Einschluss von Luft und Prozessgasen auf ein Minimum kostengünstig reduziert werden. Prof. Dr. Manfred Rössle zeigte zusammen mit Markus Miller von der Schmid Engineering GmbH die Ergebnisse des Forschungsvorhabens „Datacast“. Hierbei handelt es sich ebenfalls um ein Kooperationsprojekt der Hochschule Aalen mit den Fachbereichen Informatik und Gießereitechnologie sowie der Schmid Engineering GmbH und der electronics GmbH. Leitgedanke dieses Forschungsvorhabens ist Industrie 4.0.

Dr. Kristina Lakomek stellte das neue Forschungsvorhaben „SmartPro: Smarte Materialien und intelligente Produktionstechnologien für energieeffiziente Produkte der Zukunft“ vor. Die Ausschreibung dieses Projektes erfolgte im Programm „Starke Fachhochschulen – Impuls für die Region“. Beteiligt sind hierbei neun assoziierte Forschungspartner, 14 Forschergruppen der Hochschule Aalen in vier Impuls-Projekten, 32 Unternehmen und sechs assoziierte Transferpartner. Den Abschluss bildete Prof. Dr. Lothar Kallien mit seinem Beitrag „InDiMat – Innovative Fügeverfahren und Designkonzepte für hybride Leichtbau CFK-Multimaterialverbunde“. Das Design und die Auslegung von Multimaterialverbunden, das hybride Fügen und die Methoden und Werkzeuge der Qualitätsbeurteilung sind die wesentlichen Punkte. Hierfür wurden im Gießereilabor bereits Versuche durchgeführt, um CFK in ein Druckgussbauteil zu integrieren. Ein CFK-Laminat wurde in ein bestehendes Druckgusswerkzeug einlegt und mit druckgusstypischen Parametern umgossen. Durch einen Pull-Out Versuch an einer Zugprüfmaschine wurde die Verbindung zwischen CFK und Aluminiumguss geprüft. Hierbei wurde eine hohe Zugfestigkeit bis hin zur Zugfestigkeit des Aluminiums erzielt.