Autonomes Fahren im FokusReinhard-von-Koenig-Preis für Thao Dang und Julius Ziegler – Förderpreis geht an Stephan Reuter

Preisträger, Laudatoren und Stifter mit der "Variante 4" im Hof von Schloss Fachsenfeld

Mo, 07. November 2016

Die Stiftung Schloss Fachsenfeld verleiht alle zwei Jahre den mit 20.000 Euro dotierten Reinhard-von-Koenig-Preis für Fortschritt und Technik sowie den mit 5.000 Euro dotierten Nachwuchs-Förderpreis des Freundeskreises Schloss Fachsenfeld. In diesem Jahr geht der Reinhard-von-Koenig-Preis an Dr. Thao Dang von der Daimler AG und Dr. Julius Ziegler von der Atlatec GmbH für ihre „Bertha-Benz-Fahrt“ mit einem selbstfahrenden Auto. Preisträger des Förderpreises ist 2016 Jun.-Prof. Dr. Stephan Reuter von der Universität Ulm. Die feierliche Verleihung fand jetzt auf Schloss Fachsenfeld statt.

„Am Anfang steht immer ein Unikat“, verbindet Stiftungsvorsitzender OB Thilo Rentschler das Stromlinienfahrzeug von Baron Freiherr Reinhard von Koenig mit der gerade im Schlosshof stehenden „Variante 4.0“, die eine Spedition eigens aus dem Stuttgarter Mercedes-Benz-Museum nach Fachsenfeld gebracht hat. 1888 absolvierte Bertha Benz ihre berühmte Fahrt von Mannheim nach Pforzheim, um die Alltagstauglichkeit der „pferdelosen Kutsche“ zu testen. 126 Jahre später haben Dr. Thao Dang und Dr. Julius Ziegler die Fahrt mit der „Variante 4.0“ wiederholt – einer autonom fahrenden Mercedes E-Klasse.

Thao Dang, 1985 in Stuttgart geboren, studierte Elektrotechnik mit Schwerpunkt Regelungstechnik an der Universität Karlsruhe. Er absolvierte mehrere Auslandssemester, unter anderem am Massachusetts Institute of Technology – dem MIT. 2007 promovierte er mit Auszeichnung über die Selbstkalibrierung von Stereokameras. Im Rahmen seiner Promotion am Institut für Mess- und Regelungstechnik der Universität Karlsruhe nahm er 2005 an der DARPA Grand Challenge, einem Rennen selbstfahrender Fahrzeuge, teil.

Julius Ziegler wurde 1979 in Bad Godesberg geboren. Er absolvierte von 1999 bis 2006 den Diplomstudiengang Informatik an der Universität Karlsruhe und war danach wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Mess- und Regelungstechnik am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Mit einer Gruppe von Forschern nahm er 2007 an der DARPA Urban Challenge teil, wo es ihr autonom fahrender VW Passat bis ins Finale schaffte.

Die Jury würdigt die gemeinsame erfolgreiche Systementwicklung von Dang und Ziegler im Themenfeld des autonomen Fahrens. „Es handelt sich dabei um einen neuen technischen Lösungsansatz für eine gesellschaftlich relevante Herausforderung, der im Sinne des Freiherrn von Koenig auf technischen Mut gegründet ist und einen signifikanten Beitrag zu nachhaltigem Fortschritt leistet“, begründet sie ihre Wahl.

OB Rentschler begrüßt auf Schloss Fachsenfeld besonders alle Ingenieure, alle Forscher, alle Tüftler. „Freuen wir uns gemeinsam auf die Zukunft, wenn unsere Autos nicht mehr nur Fortbewegungsmittel sind, sondern auch Aufenthaltsraum und Arbeitsraum“, sagt Rentschler. Irgendwann würden die Menschen auf unsere Zeit zurückschauen und feststellen, dass mit der Verleihung des Reinhard-von-Koenig-Preises 2016 auf Schloss Fachsenfeld an Dr. Dang und Dr. Ziegler die Zukunft schon begonnen hatte.

Die Laudatio für den mit 20.000 Euro dotierten Preis hält Michael Hankel, Vorstandsmitglied der ZF Friedrichshafen AG. Er erinnert an den Rennfahrer Reinhard von Koenig und das Leben des Barons. Ausführlich geht Hankel in seiner Rede einer Frage auf den Grund: „Ist denn Innovation überhaupt notwendig?“. Das Szenario „Nein, sie stört nur“ müsse überwunden werden, sagt er und provoziert: „Stellen Sie sich vor die Menschheit stellt alle Innovationen ein. Und dann denken Sie 150 Jahre zurück.“ Es müsse klar sein, dass einer dieses Szenario nicht mitmache: „Die Natur – sie entwickelt sich stetig weiter.“ Innovationen seien seit jeher Bestandteil der menschlichen Überlebensstrategie, so Hankel. „Und ich sage ganz deutlich: Umtriebig, neugierig und innovativ sein, haben wir anderen Lebewesen voraus – und es macht auch Spaß.“

Wirtschaftliche Dynamik entstehe fast ausschließlich durch Innovationen, sagt Hankel. „Wir müssen besser sein als die anderen. Und mit Verlaub: Wir sind es auch!“. In Deutschland sei Automobilgeschichte geschrieben worden – darum gehe es jetzt wieder. Hankel dankt Dang und Ziegler und spricht ihnen seine Hochachtung aus. „Sie präsentieren mit diesem Preis sehr würdig, was an Engagement, an persönlichem Einsatz nötig ist“, sagt er. Es brauche Visionen, Zielstrebigkeit, aber auch charakterliche Eigenschaften – und das passende Umfeld, so Hankel.

Der Freundeskreis Schloss Fachsenfeld verleiht darüber hinaus den mit 5.000 Euro dotierten Reinhard-von-Koenig-Förderpreis an Jun.-Prof. Dr. Stephan Reuter von der Universität Ulm. „Wir würdigen damit die Forschung zu neuen Ansätzen zur Multi-Objekt-Verfolgung in komplexen Szenarien für den Einsatz in autonomen Systemen“, begründet die Jury diese Wahl. Prof. Dr. Gerhard Schneider, Rektor der Hochschule Aalen, betont in seiner Laudatio die hohe fachliche Kompetenz von Reuter sowie dessen hohes theoretisches Niveau. Den Preis übergeben die beiden Vorsitzenden des Fördervereins, der frühere Stiftungsvorsitzende Alt-OB Ulrich Pfeifle und Jörn P. Makko von Südwestmetall. „Der Baron war ein echter Automobil-Freak“, erinnert sich Pfeifle an die gemeinsame Zeit zurück und ist sich sicher: „Würde er heute noch leben, würde er vor allem im Bereich des autonomen Fahrens forschen.“