Zusammenfassung
Mobilität und Flexibilität sind Kernthemen der aktuellen Arbeitswelt. Die Arbeit unter diesen Megatrends attraktiv für die Beschäftigten zu gestalten, gehört zu den aktuellen Herausforderungen vieler Unternehmen. Daher befasst sich der vorliegende Beitrag mit der Frage, welche Formen mobiler Arbeit insbesondere mit Belastungen für die Beschäftigten verbunden sind. In einer Studie wurden unterschiedliche Formen mobiler Arbeit in einem Unternehmen im Bereich Facility-Management untersucht (N = 2721). Die Mitarbeitenden wurden schriftlich zu Arbeitsbedingungen, interessierter Selbstgefährdung sowie Konflikten zwischen Erwerbsarbeit und Privatleben befragt. Die Ergebnisse der multivariaten Varianzanalyse zeigen, dass mobile Arbeit in Form von täglich mehrfach wechselnden Einsatzorten mit signifikant höheren Belastungen, geringeren Ressourcen, höherer interessierter Selbstgefährdung und ausgeprägteren Konflikten zwischen Erwerbsarbeit und Privatleben einhergeht.
Praktische Relevanz Für die betriebliche Praxis ist zu empfehlen, dass im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen ein besonderes Augenmerk auf berufsbedingt mobil Beschäftigte mit täglich mehrfach wechselnden Einsatzorten gelegt wird. Kombinationen mit anderen Formen von berufsbedingter Mobilität sowie besonders belastende Arbeitszeiten (z. B. Nachtarbeit) sollten vermieden werden.
Abstract
Mobility and flexibility are key issues in the world of work today. Making work under these megatrends attractive to employees is one of the current challenges for many companies. Therefore, the present article deals with the question of which forms of mobile work are particularly associated with burdens for the employees. In a study in a facility management company, different forms of mobile work were examined (N = 2721). The employees were asked to fill out a questionnaire that assessed working conditions, interested self-endangering work behavior as well as work-privacy-conflicts. The results of the multivariate analysis of variance show that mobile work in the form of multiple daily changes of location is accompanied by significantly higher stressors, fewer resources, more interested self-endangering work behavior and more work-privacy-conflicts.
Practical Relevance It is recommended that, as part of a risk assessment of psychological stress, special attention is paid to mobile work in the form of multiple daily changes of location. Combinations with other forms of job-related mobility and particularly stressful working hours (e. g. night work) should be avoided.
Notes
Ausführliche Tabellen und Übersichten zu den Ergebnissen sind auf Nachfrage bei den Autoren erhältlich. Aufgrund des Umfangs der Analyse sind diese im Rahmen des Artikels nicht widerzugeben.
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Kraus, S., Grzech-Sukalo, H. & Rieder, K. Mobile Arbeit – Home-Office, Dienstreisen, Außendienst – was ist wirklich belastend?. Z. Arb. Wiss. 74, 167–177 (2020). https://doi.org/10.1007/s41449-020-00214-x
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