Mit Vollspeed Richtung KarriereTim Stadtmüller ist nicht nur im Rennsport auf Erfolgskurs

Wenn Tim Stadtmüller Rennen fährt, ist das keine One-Man-Show. Ein Team von bis zu sieben Personen betreut ihn – nicht nur in der Startaufstellung.

Mo, 11. Mai 2020

Der Wecker klingelt um 7 Uhr. Zum Frühstück gibt es Haferflocken mit Banane. Schnell Aufwärmen und die Maschine prüfen. Dann schlüpft er in die Lederkombi und fährt raus auf die Rennstrecke. Tim Stadtmüller studiert Maschinenbau/ Produktion und Management an der Hochschule Aalen und ist Motorrad-Rennfahrer. Seit 2017 fährt der 25-Jährige in der Internationalen Deutschen Motorradmeisterschaft (IDM) mit.


 »Meine Maschine wiegt 165 Kilogramm und hat 210 PS«, sagt Stadtmüller, dessen Augen leuchten, wenn er über den Motorsport erzählt. Ansonsten unterscheide sie nicht viel von einem normalen Motorrad. »Die Gabel und das Federbein sind hochwertiger und es wird KIT-Elektronik eingebaut«, erklärt er und ergänzt gelassen: »Bei 210 PS könnte man ohne die leicht stürzen.« Angst vor Unfällen oder Stürzen hat Tim Stadtmüller keine. Aber: »Gesunder Respekt gehört zum Rennsport dazu, sonst kann es schnell zu Verletzungen kommen.« Das gleiche gilt für die Nervosität. Aber nur in der Startaufstellung. Sobald die Ampeln ausgehen, schaltet er auf Automodus und spult routiniert sein Programm ab. Das hat er sich in vielen Trainingsrunden antrainiert. Während der Saison ist Stadtmüller viel unterwegs. Die IDM-Rennen finden in Belgien, den Niederlanden, Tschechien und Deutschland statt. »Das Niveau ist echt hoch!«, sagt Stadtmüller, der nicht gerne damit prahlt, dass er in der IDM fährt. Dass der Langstrecken-Weltmeister von 2019, Erwan Nigon, in der gleichen Liga fährt wie der Student aus Winnenden, ist dann allerdings schon ziemlich beeindruckend. Vor zwei Jahren wurde Stadtmüller beim Suzuki-Cup als bester Rookie, also bester Newcomer, ausgezeichnet. Seitdem hat seine Karriere weiter an Fahrt aufgenommen. Für 2020 hat sich der Maschinenbau-Student viel vorgenommen: Er will mit seinem Team – dem JR-Racing-Team aus Kreuztal – weiterhin in der Superbike-Klasse der IDM starten und nach Möglichkeit an der Langstrecken-Motorrad-WM teilnehmen. Dabei müssen drei Fahrer eines Teams ein Rennen über 24 Stunden bestreiten, gewechselt wird stündlich. »Nach insgesamt acht Stunden Fahrzeit tut dir alles weh«, sagt Stadtmüller lachend. Was ihn dann doch immer wieder auf das Motorrad zurücklockt, auch nach Verletzungen, die er schon erlitten hat? »Ganz klar das Adrenalin«, ist er sich sicher. »Auf dem Motorrad fühle ich mich einfach frei!«

Abseits der Rennstrecke
Wenn Tim Stadtmüller nicht über die Rennstrecken Europas jagt, studiert er in Aalen und gibt nebenbei Schulungen für die Firma ConmatiX. »Meine Kommilitonen sind toll und versorgen mich mit Aufschrieben und Skripten, wenn ich mal wegen eines Rennens nicht da sein kann«, erklärt Stadtmüller. So kann er seine Rennkarriere mit dem Studium vereinbaren. Und das ist es auch, was er an seinem Studium in Aalen so schätzt. Alle halten zusammen und die Lehrenden unterstützen ihn, damit er trainieren und Rennen fahren kann. »Der lockere Umgang miteinander hier ist toll«, ergänzt er. Auch die Arbeit in den Laboren – besonders im Gießereilabor – sei viel wert: »Ich finde den Praxisbezug hier sehr wichtig.« Einige Erfahrungen, die er in seinem Sport macht, lassen sich gut auf das Studium übertragen. Bei einem Rückschlag – zum Beispiel einer nicht bestandenen Prüfung – sei das noch lange kein Grund, aufzugeben. »Dann greife ich einfach nochmal an!«, sagt der gelernte CNC-Zerspanungsmechaniker breit grinsend. Denn erfolgshungrig ist er nicht nur auf der Rennstrecke. Auch im Studium geht er zielstrebig seinen Weg.Wenn er nicht trainiert oder Rennen fährt, testet Tim Stadtmüller Motorräder und schreibt Testberichte für das Magazin »PS – sportlich schnell motorradfahren«. So ganz lässt der Rennsport ihn nämlich nie los. Deswegen ist er sich auch noch nicht sicher, wie es nach dem Bachelor-Abschluss weitergeht. »Eigentlich war das Ziel immer, selbstständig zu sein«, sagt Stadtmüller. Doch dann bliebe wenig Zeit für den Motorsport. Er könne sich auch vorstellen, einen Master zu machen oder weiterhin für ConmatiX tätig zu sein. Bis er sich entscheiden muss, ist zum Glück noch etwas Zeit. Das nächste Ziel aber hat Tim Stadtmüller schon im Visier: die Langstrecken-Motorrad-WM 2020.